Surditas (Taubheit): Definition, Ursachen, Symptome, Folgen, Diagnose

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    Was meint der Mediziner mit „Surditas"?

    Eine Surditas, eher bekannt als Taubheit, ist durch völlige Ertaubung eines oder beider Ohren gekennzeichnet. Weiter lässt sie sich in klinische und praktische Taubheit unterscheiden: Bei praktischer Taubheit grenzt der Grad der Schwerhörigkeit zwar an Taubheit, es ist jedoch noch eine Teilfunktion des Innenohrs nachweisbar. Dieser Fall tritt beispielsweise bei einer kombinierten Schwerhörigkeit auf. Die Diagnose einer klinischer Taubheit ist demgegenüber durch einen gänzlichen Funktionsverlust des Innenohrs gekennzeichnet.

    Vielen ist im Zusammenhang mit Taubheit die Begrifflichkeit „taubstumm“ geläufig. Surditas hat jedoch nicht zwangsläufig Stummheit zur Folge. Folglich kann nicht darauf geschlossen werden, dass taube Personen automatisch auch stumm sind. Allerdings tritt Taubheit zum Teil in Kombination mit Stummheit und/oder Blindheit auf. Ein Faktor, der das Auftreten von Stummheit beeinflusst, ist, ob die Hörschädigung angeboren oder erworben ist und demnach, ob ein ungestörter, verbaler Spracherwerb stattgefunden hat.

    Surditas links/rechts/beidseitig: Symptome und Folgen

    Von Taubheit betroffen können sowohl beide als auch nur das linke oder das rechte Ohr sein. Die Unterscheidung, ob beide oder nur ein Ohr betroffen sind, ist wichtig, da sich die einhergehenden Symptome beziehungsweise Folgen zum Teil massiv unterscheiden.

    Einseitige Taubheit

    • In der Regel ist das Hörvermögen sehr stark eingeschränkt
    • Ein Resthören ist mit dem nicht betroffenen Ohr allerdings möglich
    • Auffällig ist, dass betroffene Personen nicht oder verspätet auf (laute) Geräusche reagieren
    • Der Spracherwerb läuft weitestgehend normal ab
    • Eingeschränktes Richtungshören

    Beidseitige Taubheit

    • Kein Hörempfinden vorhanden
    • Mündliche Kommunikation zumeist nicht möglich
    • Gestörte/verzögerte Sprachentwicklung, insbesondere bei angeborener Taubheit
    • Gesondert sind Personen zu betrachten, die erst im Verlauf ihres Lebens eine Surditas erworben haben. Hiervon Betroffene haben zumeist einen normhaften Spracherwerb durchlaufen und können daher einfacher auf die Artikulation der Lautsprache zurückgreifen.
    • Bei Kindern äußert sich Taubheit, neben der verzögerten Sprachentwicklung, bereits früh in mangelnder Reaktion auf Ansprache, artikulatorischer Schwierigkeiten und der Wahl einer hohen Lautstärke beim Medienkonsum.
    • Da ein enger Zusammenhang zwischen dem Hör- und dem Gleichgewichtssinn besteht, geht oft auch Schwindel mit Taubheit einher.

    Surditas/ Taubheit: Ursachen

    Welche Ursachen einer Surditas zugrunde liegen, unterscheidet sich im Einzelfall. Ebenfalls sind verschiedene Kombinationen aus Ursachen möglich:

    1. Einschränkungen in der Schallleitung: Der Schall kann nicht wie gewöhnlich über das Mittelohr zum Innenohr geleitet werden. Dies kann in der Schädigung der Gehörknöchelchenkette begründet liegen, die der Schallverstärkung dient.
    2. Einschränkungen in der Schallempfindung: Die Weiterleitung des Schalls zum Innenohr ist nicht betroffen, jedoch die Weiterleitung der Signale an das Gehirn. Folglich findet keine Verarbeitung des Gehörten statt. Verursacht werden kann eine solche Einschränkung beispielsweise durch die Störung des Hörnervs.
    3. Psychogene Hörstörung: In seltenen Fällen führt eine psychische Erkrankung zur Beeinflussung des Hörvermögens. Dabei lässt sich keine Schädigung der Ohren feststellen, jedoch eine verminderte Hörleistung in den Hörtests.

    Eine angeborene Surditas kann durch folgende Faktoren bedingt sein:

    • Genetische Prädispositionen
    • Während der Schwangerschaft:
      • Infektionen der Mutter
      • Drogenkonsum
      • Bestimmte Medikamente
    • Bei der Geburt:
      • Sauerstoffmangel
      • Hirnblutungen

    Der Erwerb einer Surditas lässt sich auf diesen Ursachen zurückführen:

    • Langanhaltende Ohrinfektionen: kann Schäden für Mittel- und Innenohr mit sich ziehen
    • Meningitis oder Enzephalitis
    • Einige Medikamente:
      • Chemo-Therapeutika
      • Diuretika (Entwässerungsmittel)
      • Verschiedene Antibiotika
      • Acetylsalicylsäure
    • Tumore
    • Lärmschäden
    • Durchblutungsstörungen
    • Hörsturz
    • Chronische Ohrerkrankung (z.B. Otosklerose)

    Diagnose Taubheit/ Surditas

    Zur Diagnose „Taubheit“ muss ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt aufgesucht werden. Dieser erhebt zunächst in einem Anamnesegespräch, ob Risikofaktoren für eine entsprechende Erkrankung vorliegen. Bei einer Otoskopie (Ohrspiegelung) wird anschließend der Gehörgang untersucht. Dies erlaubt den Ausschluss anderer Gründe, beispielsweise der Beeinträchtigung des Mittelohrs durch eine Verstopfung, erlaubt aber keine Aussagen über die Hörleistung. Daher folgt eine Reihe an Tests, um die Hörleistung zu überprüfen, Ursachen von Taubheit zu lokalisieren und eine Diagnose zu stellen.

    Folgende Tests dienen der Diagnose einer Surditas:

    Subjektive Tests

    Zur Unterscheidung, ob eine Schallleitungs- oder Schallempfindungsstörung vorliegt, wird der Weber-Test eingesetzt. In diesem legt der Arzt eine Stimmgabel auf beiden Seiten des Kopfes auf. Bei Taubheit ist die Knochenleitung häufig noch funktionsfähig, wodurch ein Hören des Tons im Rahmen des Weber-Tests möglich ist. Somit lässt sich prüfen, ob der Ton auf beiden Ohren gleich gehört wird. Hört der Patient den Ton auf der erkrankten Seite lauter, spricht dies für eine Störung der Schallleitung, auf dem gesunden Ohr für eine Störung der Schallempfindung.

    Im Rinne-Test zeigen sich potenzielle Unterschiede in der Knochen- und Luftleitungsleistung des Patienten, da er gemeinsam mit dem Weber-Test ausgewertet wird. Die Durchführung wird ebenfalls mit einer Stimmgabel realisiert: Sie wird auf dem Knochen hinter dem Ohr aufgesetzt, bis der Ton nicht mehr hörbar ist. Anschließend wird die Gabel neben das Ohr gehalten, wo der Ton wieder hörbar sein sollte. Wird der Ton nicht gehört, spricht das für eine Taubheit.

    Darüber hinaus gibt das Tonschwellenaudiogramm Aufschluss über die Hörschwelle beziehungsweise die Dezibelanzahl, bei der der Patient eine Hörleistung aufweist. Gemessen wird die Schwelle in der Tonaudiometrie durch das Vorspielen von unterschiedlichen lauten und hohen Tönen über Kopfhörer und Knochenleitungshörer. Auf Basis dessen lässt sich ein Audiogramm als Visualisierung des Hörvermögens erstellen. Je später eine Tonwahrnehmung besteht, desto ausgeprägter ist die Schwerhörigkeit. Ergänzend zeichnet die Sprachaudiometrie das Sprachverstehen ab. Zum Zwecke dieser wird der Patient aufgefordert, Wörter und Laute zu benennen sowie nachzusprechen, die er über Kopfhörer vorgespielt bekommt.

    Um Schwerhörigkeit, also die Beeinträchtigung der Hörwahrnehmung, vom völligen Verlust der Hörwahrnehmung, also von Taubheit, abzugrenzen, muss die Tonschwellenaudiometrie betrachtet werden. Zeigt sich im Hauptsprachbereich ein Hörverlust von 100 Dezibel oder mehr, gilt der Betroffene als taub. Als Hauptsprachbereich gilt dabei der Frequenzbereich, in dem der Hauptteil der Kommunikation stattfindet.

    Objektive Tests

    In der Tympanometrie wird eine Sonde in das Ohr eingeführt, sodass dieses luftdicht verschlossen ist. Anschließend sendet die Sonde einen Ton aus, um zu messen, wie viel Schwungkraft das Trommelfell hat. Das Ergebnis erlaubt Rückschlüsse auf die Funktionsfähigkeit des Mittelohrs und zeigt, falls eine Tubenstörung oder eine Unterbrechung der Gehörknöchelchenkette besteht.

    Mithilfe der Stapediusreflexmessung wird das Einsetzen des Schutzreflexes (Stapediusreflex) im Mittelohrs überprüft, woraus Rückschlüsse auf die Hörfähigkeit und den Ursprung einer Höreinschränkung gezogen werden. Der Stapediusreflex dient des Lärmschutzes unserer Ohren. Zur Messung wird eine Sonde in das Ohr eingeführt, durch die letzteres mit Lautstärke konfrontiert wird. Bei der Übertragung der Laute auf das Innenohr sollte es zu einer Muskelbewegung des Stapediusmuskels kommen. Konsequenz dessen ist wiederum eine Bewegung des Trommelfells, die sich als Kurve darstellen lässt. Aufgrund mangelnder Weiterleitung findet eine Auslösung des Stapediusreflex bei hochgradiger Schwerhörigkeit oder Taubheit nicht mehr statt.

    Seit 2009 wird im Rahmen des Neugeborenen-Screenings standardmäßig auf Taubheit untersucht. Ziel ist es dabei, mögliche Beeinträchtigungen so früh wie möglich zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. Im Screening findet eine Messung der otoakustischen Emissionen statt. Dazu wird ein kleines Mikrofon ins Ohr eingeführt, das selbst sehr leise Echos aus dem Innenohr erfassen kann. Somit kann die Funktion der Hörschnecke überprüft werden. In der Brain Electric Respone Audiometry, kurz BERA, ist zudem die Feststellung einer Störung zwischen Innenohr und Gehirn möglich. Zu diesem Zwecke werden die Hirnströme gemessen, während über Kopfhörer Töne oder Geräusche ausgegeben werden.

    Über die Darstellung und Ermittlung der Hörleistung hinaus helfen Blutuntersuchungen der Ursachenfindung einer Taubheit. Beispielsweise können Infektionen oder Stoffwechselerkrankungen als Bedingungsfaktor ausgemacht werden. Um die genetischen Grundlagen einer angeborenen Taubheit zu beleuchten, sind zusätzlich Untersuchungen bei anderen Fachärzten, darunter beim Neurologen, aufschlussreich.

    Surditas Therapie

    Surditas ist irreparabel. Sprich, sie lässt sich nicht heilen, jedoch können Folgeschäden vermindert und der Alltag mit Höreinschränkung für viele verbessert werden. Bei kompletter Taubheit kann dies mit Hörimplantaten gelöst werden. Häufig wird dabei auf das Einsetzen eines Cochlea-Implantats zurückgegriffen, was jedoch nicht für alle Betroffenen geeignet und ebenso nicht von allen gewünscht ist. Im Falle einer einseitigen Surditas sind CROS-Hörgeräte eine Behandlungsoption - diese erfassen den Schall auf dem ertaubten Ohr und übertragen ihn auf das funktionsfähige. Somit entsteht eine verbesserte Hörwahrnehmung der Umgebung, insbesondere in lauten Situationen, bei Gruppengesprächen oder bei Fahrtgeräuschen. Alternativ helfen Strategien zum Umgang mit der Ertaubung, hier ist vornehmlich das Erlernen der Gebärdensprache anzubringen, das die Kommunikation maßgeblich erleichtert.